Zuletzt aktualisiert am 28.07.2023
Angesichts der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und den schlimmen Erfahrungen von Hunderttausenden mit der Einnahme und oder dem Reduzieren und Absetzen von Antidepressiva, müssen die Behandlungsleitlinien geändert werden. In England ist dies geschehen. Ich habe meine erwünschten Voraussetzungen vor Verordnung von Antidepressiva formuliert. Wichtig: Es müssen verbindliche Leitlinien sein.
Hintergrund: In England veröffentlichten kurz nacheinander das »Royal College of Psychiatrists« die Patienteninformation Antidepressiva absetzen – Patienteninformation des Royal College of Psychiatrists (deutsch) sowie die »British Psychological Society« den Bericht Understanding depression: Why adults experience depression and what can help.
Darin distanziert man sich von dem bisherigen Modell des biochemischen Ungleichgewichts, auch Serotonin-Hypothese genannt:
Die Mär vom biochemischen Ungleichgewicht
Viel zu lange wurde als wissenschaftlich erwiesen propagiert, dass ein biochemisches Ungleichgewicht im Gehirn Ursache für eine Depression ist und man dieses Ungleichgewicht durch die Gabe von Antidepressiva beseitigt. Die Depression als körperliche Erkrankung des Gehirns, das mit einem Medikament repariert werden kann.
Eine schöne Vorstellung, aber leider falsch. An dieser Stelle sollte sich jeder Arzt und jeder Psychiater die Frage stellen, woher sie wissen wollen, ob ein biochemisches Ungleichgewicht von Botenstoffen wie Serotonin Ursache einer Depression ist, wenn man das Serotonin im Gehirn gar nicht bestimmen kann? Wie konnte sich diese falsche Serotoninthese solange als allgemein anerkannt halten? Mehr dazu:
Risiken und Nebenwirkungen moderner Antidepressiva – Erfahrungsbericht eines Betroffenen
Wer sich dafür interessiert, wie es dazu kommen konnte, dass Menschen sich als Maschinen ansahen und was sich bis heute durch die sogenannte »Reparaturmedizin« anhält, bei der defekte Teile wie Hüfte oder Organe ausgeteilt werden können, dem empfehle ich das Buch Wer wir sind und wer wir sein könnten: Ein neurobiologischer Mutmacher des Neurobiologen Gerald Hüther. Hier einige Aussagen aus dem Buch:
Die »Reparaturmedizin«: Ein falsches Verständnis von Krankheit
Stattdessen stellt man sozialpsychologische Faktoren, wie Kindheitstraumata, Verlust, Mobbing und Stress als Ursache für Depressionen in den Vordergrund.
Nachdem diese beiden Papiere veröffentlicht wurden, wurde vieles davon in die neuen Behandlungsleitlinien für Depressionen in England (2022) übernommen.
Die Patienteninformation Antidepressiva absetzen des »Royal College of Psychiatrists« wurden von der »NICE« (»National Institute for Health and Care Excellence«) , die die Behandlungsleitlinien für Depressionen in England erstellt direkt in die Zusatzlinie Medicines associated with dependence or withdrawal symptoms: safe prescribing and withdrawal management for adults (»Arzneimittel, die mit Abhängigkeits- oder Entzugssymptomen einhergehen: sichere Verschreibung und Entzugsmanagement für Erwachsene«) übernommen.
Außerdem werden u.a. Hausärzte dazu aufgefordert einem depressiven Menschen nicht als erste Behandlungsmöglichkeit Antidepressiva anzubieten sondern eine Psychotherapie, darunter auch die MBCT. Das ist sinnvoll, da die häufigste Verschreibung von Antidepressiva über Hausärzte erfolgt. Diese haben meist nicht das nötige Fachwissen.
Leider fehlt auch den meisten Psychiatern das nötige Wissen, wie man Antidepressiva richtig reduziert und absetzt, die körperliche Abhängigkeit wird geleugnet.
Grund dafür ist, dass weder im Medizinstudium noch in der Ausbildung zum Psychiater das körperliche Abhängigkeitspotenzial von Antidepressiva Thema ist. Antidepressiva sind dort harmlose gut wirksame Medikamente.
Das sagt der angehende Psychiater Dr. Mark Horowitz in diesem Interview mit der Non-Profit Organisation Mad in America:
Hier die englischen Behandlungsleitlinien zum download und lesen:
Depression in adults: treatment and management (englisch)
Ich habe Prof. Dr. Tom Bschor, der Mitverfasser der deutschen Behandlungsleitlinie für Depressionen ist, angeschrieben und gefragt ob die Leitlinien aus England übernommen werden, was wünschenswert wäre. Prof Dr. Bschor hat ein lesenswertes Buch mit dem Titel Antidepressiva. Wie man die Medikamente bei der Behandlung von Depressionen richtig anwendet und wer sie nicht nehmen sollte: Vom Mitautor der Behandlungsleitlinie für Depressionen
Hier meine Rezension zum Buch:
Nicht auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Antidepressiva können körperlich abhängig machen.
Schreiben an Prof. Dr. Tom Bschor:
Aufklärung vor Verordnung
Häufig wird der Patient nicht nicht oder nicht umfassend über Risiken und Nebenwirkungen von Antidepressiva aufgeklärt. Ich war in 20 Jahren bei ein Dutzend Psychiatern, keiner hat mich aufgeklärt.
Voraussetzung zur Verordnung von Antidepressiva ist für mich eine verbindliche und detaillierte Aufklärung des Patienten durch einen Psychiater.
Was bedeutet verbindlich?
Die Aufklärung muss verbindlich sein, verbindlich bedeutet, das der Patient per Unterschrift bestätigen muss, dass er von einem Psychiater aufgeklärt wurde, der Psychiater in gleicher Weise, dass er aufgeklärt hat, wie es z.B. vor einer OP oder einem medizinischen Eingriff wie einer Magenspiegelung der Fall ist. Der Patient kann dann frei entscheiden, ob er eine solche Behandlung möchte oder nicht, auch dies würde schriftlich per Unterschrift bestätigt werden.
Die Aufklärung erfolgt anhand eines Aufklärungs- und Fragebogens sowie einer Anamnese (Gespräch über Krankenvorgeschichte).
Tatsächlich gibt es bereits so einen Aufklärungsbogen des NetzG-RLP e.V. (Landesnetzwerks Selbsthilfe seelische Gesundheit e.V.), der leider ein paar wichtige Punkte nicht berücksichtigt und nicht verbindlich sondern freiwillig ist und kaum ein Psychiater kennt ihn.
Aufklärungsbogen Antidepressiva
Diagnostik einer Depression
Die Diagnostik einer Depression erfolgt nicht evidenzbasiert z.B. durch Blutuntersuchung oder anderen Laborwerten wie Biomarkern oder anderen Untersuchungen, die eine eindeutige Diagnose stellen können.
Eine Depression wird bis heute durch ein Gespräch zur Anamnese (Krankenvorgeschichte) mit einem Arzt und das Ausfüllen eines Fragebogens, der sogenannten Hamilton-Skala, ermittelt. Die Hamilton-Skala ermittelt auch den Schweregrad einer Depression. Die Hamilton Skala ist umstritten.
Die Hamilton-Skala
Kritisiert wird, dass gleich drei Fragen sich auf das Schlafverhalten beziehen und der Test deswegen eine Verbesserung bei Schlafstörungen im Vergleich zu anderen Bereichen stärker abbildet.[2] Deswegen entstünde der Eindruck, dass sedierende Medikamente zu einer stärkeren Verbesserung führen, als aktivierende Medikamente.[2] Auch kognitive und psychomotorische Symptome seien vergleichsweise unterrepräsentiert.[2] Wegen der unterschiedlichen Gewichtung verschiedener Symptombereiche können deswegen trotz gleichem Wert sehr unterschiedliche Symptome vorliegen.[2]
Die Hamilton-Skala sei eine unökonomische Skala, weil sie auf 5 bis 6 Fragen reduziert werden könne, ohne merkliche Einbußen bezüglich der Testgütekriterien (Reliabilität und Validität).[7]
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hamilton-Skala
Eine weitere Möglichkeit den Schweregrad einer Depression zu ermitteln ist das sogenannte Beck-Depressions-Inventar, auch Beck Depressionsbogen. Damit kann man ausschließlich den Schweregrad einer Depression bestimmen.
Hier zeigt sich, dass es nicht so einfach ist eine Depression zu diagnostizieren und deren Schweregrad festzustellen, wie es gerne behauptet wird. Das Risiko einer Fehldiagnose ist groß.
Häufige Fehldiagnosen
Leider kommt es bei der Diagnostik einer Depression häufig zu Fehldiagnosen, die für Patienten gravierende Folgen haben können.
Beispiel: Eine Unterfunktion der Schilddrüse hat exakt die gleichen Symptome wie eine Depression oder Angststörung. Daher sollte vor Verordnung von Antidepressiva die Schilddrüse gründlich untersucht werden. Leider ist die Diagnostik der Schilddrüse in Deutschland abenteuerlich, denn oft wird nur nach den Laborwerten und nicht nach den Symptomen die Diagnose gestellt. Der Endokrinologe Dr. Joachim Strienz kritisiert das in seinem wertvollen und wichtigen Ratgeber:
Schilddrüsenunterfunktion – Besser auf die Symptome achten. Ein Ratgeber für Patienten
Es gibt noch andere Erkrankungen, die als Depression fehldiagnostiziert werden. Daher sollten stets beide Fragebogen ausgefüllt werden.
Behandlung einer Depression
Steht anhand der möglichen Untersuchungen, der Indikationen und Auswertung der genannten Fragebögen fest, dass eine Depression vorliegt, erfolgt gemeinsam mit dem Patienten die Überlegung des Facharztes, welche Therapie geeignet ist. Es gibt verschiedene Wege eine Depression zu behandeln:
Psychotherapie
in Bearbeitung
Medikamentöse Therapie
Eine medikamentöse Therapie erfolgt in der Regel mit Antidepressiva. Voraussetzung dafür ist, das bestimmte Indikationen vorliegen müssen.
Zugelassene Anwendungsgebiete (Indikationen) in Deutschland (laut aktuellen Beipackzetteln 2016):
- Depressiven Erkrankungen (Episode einer Major Depression)
- Zwangsstörung
- »Panikstörung« mit oder ohne Agoraphobie
- Soziale Angststörung/Soziale Phobie
- Generalisierte Angststörung
- Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
- Bulimia nervosa (Essstörung)
Häufig werden Antidepressiva aber auch bei folgenden Beschwerden ohne Indikation verschrieben:
- Menstruationsbeschwerden
- Rückenschmerzen
- Vorzeitiger Samenerguss
- Beschwerden in den Wechseljahren
- Inkontinenz
- Schmerzzuständen
- Alkoholismus
- Innere Unruhe
- Schlafstörungen
Quelle: »Unglück auf Rezept – Die Antidepressiva-Lüge und ihre Folgen« von Peter und Sabine Ansari
Ob ein Antidepressiva verschrieben wird oder nicht hängt auch vom Schweregrad der Depression ab.
Hier sollte man die Einteilung aus der englischen Behandlungsleitlinie wie folgt übernehmen.
Bei leichten Depressionen
Die neuen Behandlungsleitlinien in England fordern Hausärzte dazu auf bei der Diagnose einer Depression nicht als erste Maßnahme Antidepressiva zu verordnen. Das ist verständlich, da die meisten Erstverschreibungen von Antidepressiva durch den Hausarzt erfolgen. Bei einer leichten Depression kommen daher Psychotherapie und Bewegung zum Einsatz. Erfreulich: Unter den empfohlenen Psychotherapien ist auch die von der Oxford University gemeinsam mit Jon Kabat Zinn entwickelte MBCT, die bereits sehr erfolgreich zur Rückfallprophylaxe eingesetzt wird.
Bei mittelschweren Depressionen
Wie bei leichten Depressionen, es sei denn der Patient wünscht auch nach verbindlicher Aufklärung eine Behandlung mit Antidepressiva.
Bei schweren Depressionen
Bei schweren Depressionen wirken Antidepressiva signifikant besser als ein Placebo, daher sollte bei schweren Depressionen eine Behandlung mit Antidepressiva erfolgen. Auch hier entscheidet der Patient.
Alternative Behandlungen
in Bearbeitung
Welche Informationen sollte ein Aufklärungsbogen enthalten?
Hier einige Vorschläge, was meiner Meinung nach in einem Aufklärungsbogen vor Verordnung von Antidepressiva stehen sollte. Über weitere Vorschläge freue ich mich!
Aufklärung über schwerwiegende Nebenwirkungen
Sexuelle Funktionsstörungen, die auch nach Absetzen des Antidepressiva bestehen bleiben können.
Sehr häufige unerwünschte Wirkung unter fast allen Antidepressiva (25-80 %)
- Vermindertes sexuelles Verlangen, Erektionsstörungen, Impotenz, Orgasmusstörungen, Dauererektion
- Bei einigen Patienten bleiben nach dem Absetzen des Antidepressivums die sexuellen Funktionsstörungen bestehen (Link Studie).
- Unregelmäßige Periodenblutung.
Persistierende sexuelle Funktionsstörung nach Absetzen von SSRI/SNR (PSSD): Bei Post-SSRI sexual dysfunction (PSSD) (zu deut. persistierende sexuelle Funktionsstörung nach Absetzen von SSRI/SNRI) handelt es sich um eine behandlungsverursachte Art von sexueller Funktionsstörung. Sie wird durch die Einnahme von Antidepressiva ausgelöst, die zur Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer oder selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer zählen. PSSD gilt als wissenschaftlich strittige Hypothese.
Die Störung kann nach Absetzen des SSRI noch Monate bis Jahre andauern; in manchen Fällen bleibt sie permanent bestehen. Bereits eine Einnahmedauer von nur wenigen Tagen kann zu diesem Syndrom führen.[1][2] Mittlerweile ist das mögliche Bestehenbleiben der SSRI-induzierten sexuellen Dysfunktion nach Behandlungsabbruch in der Fachinformation des SSRI Fluoxetin[3], im DSM-5[4][5] sowie von der Europäischen Arzneimittel-Agentur anerkannt.[6]
Die PSSD ist in manchen Fällen möglicherweise eine spezifische Unterform des SSRI-Absetzsyndroms.
Akathisie
Im Beipackzettel von Fluoxetin (SSRI) wird Akathisie so beschrieben:
Akathisie/psychomotorische Unruhe
Die Anwendung von Fluoxetin wurde mit der Entwicklung von Akathisien in Verbindung gebracht, die charakterisiert sind durch eine subjektiv unangenehme und als quälend erlebte Ruhelosigkeit und Notwendigkeit sich zu bewegen, oft zusammen mit einer Unfähigkeit still zu sitzen oder still zu stehen. Dies tritt am ehesten während der ersten Behandlungswochen auf. Für Patienten, bei denen solche Symptome auftreten, kann eine Dosiserhöhung schädlich sein.
Kaum ein Arzt oder Psychiater weiß, dass Akathisie viel mehr sein kann.
Die »Stiftung für medikamenteninduzierte Suizidprävention und Aufklärung« kurz MISSD erklärt Akathisie so:
Bei der Akathisie handelt es sich um eine Störung, die als Nebenwirkung von Medikamenten (einschließlich SSRI und Antipsychotika) ausgelöst wird und bei der eine Person eine so starke innere Unruhe verspürt, dass sie zu Gewalttaten und/oder Selbstmord getrieben wird.
2019 ICD-10-CM Diagnoseschlüssel G25.71
Die Symptome einer Akathisie sind eine Zunahme von:
- Körperlicher/innerer Unruhe
- Angstzuständen/Panikattacken
- Aufregung
- Impulsivität
- Aggressivität
- Schlaflosigkeit
- Reizbarkeit
- Feindseligkeit
Eine Zunahme dieser Symptome kann zu Gewalttätigkeit, Selbstverletzung und Suizid führen.
MISSD gibt auch Hinweise, was medizinische Fachkräfte tun sollten:
- Oft sind die Betroffenen zu sehr in das Geschehen verstrickt, um ihre Symptome zu erkennen. Es ist wichtig, alle Patienten bei der Verschreibung von Medikamenten zu überwachen, insbesondere wenn sie mit der Einnahme beginnen, sie absetzen oder die Dosierung ändern.
- Telefonische Nachbetreuung und Arztbesuche
- Weisen Sie die Betroffenen darauf hin, auf Symptome zu achten.
- Schlagen Sie vor, Angehörige zu informieren, dass das Medikament eingenommen wird.
- Weisen Sie die Betroffenen an, sofort einen Arzt anzurufen oder einen Arzt aufzusuchen, wenn sich die Symptome verstärken.
Quelle:https://missd.co/
Suizidalität
2016 wurde eine Studie zum Thema Suizidrisiko bei der Einnahme von Antidepressiva erstellt. Ergebnis: Antidepressiva können das Suizidrisiko nicht nur erhöhen, Antidepressiva können Suizide sogar auslösen. Die Forscher ermittelten ein um 50% höheres Suizidrisiko bei unter 18jähringen durch die Einnahme von Antidepressiva und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Suizide und aggressives Verhalten bei Erwachsenen.10.1.
Antidepressiva können feindselig und aggressiv machen und Gewalttaten auslösen. Bereits 2004 warnte die FDA davor, dass SSRI-Antidepressiva Angst, Erregungszustände, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Feindseligkeit, Impulsivität, Akathisie (starke Ruhelosigkeit), Hypomanie (abnormale Aufgeregtheit) und Manie (Psychose, charakterisiert durch übersteigerte Gefühle, Größenwahn) verursachen können.11
Gewichtszunahme
Gewichtszunahme ist eine der häufigsten Nebenwirkungen von Antidepressiva. Ursache ist häufig ein Serotonin-Defizit-Synndrom, Antidepressiva senken mit Dauer der Einnahme den Serotoninspiegel im Körper zum Teil stark. Serotonin ist ein wichtiger Botenstoff, der u.a. für Appeit und Sättigung zuständig ist. Nimmt man Antidepressiva ein gibt es häufig kein Sättigungsgefühl mehr, man hat richige Heißhungerattacken vor allem nach Süßem und Kohlehydrate. Außerdem grefen Antidepressiva in den Stoffwechsel ein und können eine Insulinresistenz auslösen. Dazu kommt aufgrund der depressiven Stimmung, zu wenig Bewegung.
Überdosierung von SSRI- und SNRI-Antidepressiva
Die im Beipackzettel von SSRI/SNRI empfohlenen Dosen sind zu hoch, weshalb man davon ausgeht, dass diese Medikamente in der Regel überdosiert verschrieben werden. Höhere Dosen bedeuten längeren Entzug. Man kann sagen, dass je höher die Dosis und je länger die Einnahme, umso schwerer der Entzug. (dies wiederum verlängert und erschwert das spätere Reduzieren und Absetzen enorm, da man nur sehr langsam reduzieren sollte, die empfohlene Vorgehensweise, die sich hier bewährt hat ist 10% der jeweiligen vorherigen Dosis alle 4-8 Wochen.
Wie lange so ein Entzug dann bei 40mg Paroxetin oder mehr als 100mg Venlafaxin dauern kann, kann man sich leicht ausrechnen, wir sprechen dann von Monaten und Jahren), das zeigt eine Studie zur Rezeptorenbelegung.
Dauer der Langzeiteinnahme von Antidepressiva und deren Folgen
Diese Medikamente müssen Sie Ihr ganzes Leben einnehmen, das ist wie bei einem Diabetiker, der muss auch ein lebenlang Insulin spritzen.
Diesen Vergleich haben die meisten Patienten, denen Antidepressiva verordnet wurden so oder so ähnlich schon mal vom Arzt oder Psychiater gehört und die meisten haben sicher erleichtert aufgeatmet, ich bin nicht verrückt, kein Psycho sondern habe eine körperliche Erkrankung, ein Ungleichgewicht an Botenstoffen im Gehirn, das Antidepressiva wieder ausgleichen.
Kein therapeutisches Aufarbeiten erlittener Traumata und Ängste.
Dem Diabetiker fehlt Insulin, wird einem gesagt, dem Depressiven bestimmte Botenstoffe im Gehirn, wie Serotonin. Ursache: Das Festhalten am wissenschaftlich widerlegten biochemischen Modell, als Ursache für Depressionen der meisten Ärzte/Psychiater.
Diabetes ist eine Erkrankung des Körpers, eine Depression ist entweder eine psychische Nebenwirkung, Entzugssymptom von Antidepressiva oder Nebenwirkung von Psychopharmaka, auch Antidepressiva.
Antidepressant use and risk of adverse outcomes: population-based cohort study auf BJPsychOpen, 13.09.2022.
Vor dem Hintergrund, dass die Langzeitverordnungen von Antidepressiva immer weiter ansteigen, untersuchte eine Forschergruppe um Narinder Bansal die gesundheitlichen Folgen der in Großbritannien am häufigsten verschriebenen Antidepressiva, wenn diese länger als 5 bzw. 10 Jahre eingenommen wurden.
Die Autoren bewerteten anhand der Krankenakten von 200.000 Teilnehmern im Alter zwischen 40 und 69 Jahren den Zusammenhang zwischen der Anwendung von Antidepressiva und
- Diabetes,
- Bluthochdruck,
- koronaren Herzkrankheiten (KHK) und
- zerebrovaskulären Erkrankungen (CV)
- sowie Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen (cardiovascular disease /CVD) und Gesamtsterblichkeit.
Unsere Studie ergab, dass die langfristige Anwendung von Antidepressiva mit einem erhöhten Risiko für KHK, kardiovaskuläre Erkrankungen und Gesamtsterblichkeit verbunden war. Diese Probleme scheinen für andere Antidepressiva als SSRIs (Mirtazapin, Venlafaxin, Duloxetin, Trazodon) problematischer zu sein, da die Verwendung solcher Medikamente mit einem zweifach erhöhten Risiko für CHD, CVD und Gesamtmortalität nach zehn Jahren verbunden ist.
Die Forscher fanden auch Hinweise darauf, dass Antidepressiva, insbesondere SSRIs, mit einem verringerten Risiko für die Entwicklung von Bluthochdruck und Diabetes verbunden waren. Für dieses scheinbar widersprüchliche Ergebnis hatten sie keine Erklärung.
Alle Ergebnisse zeigten sich besonders deutlich nach zehn Jahren Nachbeobachtung.
Die Autoren weisen darauf hin, dass es schwierig sei, die Auswirkungen von Depressionen von den Auswirkungen der Medikamente vollständig zu trennen. Weitere Forschungsarbeiten seien daher erforderlich, um die Mechanismen und Zusammenhänge zu klären.
In der Zwischenzeit ist die Botschaft für Behandelnde, dass die langfristige Verschreibung von Antidepressiva möglicherweise nicht harmlos ist, und es ist besonders wichtig, die kardiovaskuläre Gesundheit von Patienten, die Antidepressiva einnehmen, proaktiver zu überprüfen und Diskussionen über das Absetzen der Behandlung für Langzeitpatienten zu führen, insbesondere für Patienten mit CVD.
Weitere Artikel zur Studie:
Antidepressiva: Gesundheitliche Folgen bei langfristiger Einnahme auf Arznei-News
Langzeitanwendung von Antidepressiva im Zusammenhang mit erhöhter Morbidität und Mortalität von Mad in America
Prof. Dr. Bschor rät in seinem Buch dazu, Antidepressiva nicht länger als ein Jahr zu nehmen und es auch keinen Sinn macht, wenn das Antidepressivum nicht wirkt, andere Antidepressiva zu probieren, da alle Antidepressiva nach dem gleichen Wirkmechanismus funktioniert, wird ein anderes Antidepressivum mit größter Wahrscheinlichkeit auch keine Wirkung hat.
Rechtliches: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
In der Psychiatrie herrscht auch im Jahr 2023 noch weitestgehende Willkür von Ärzten, Therapeuten und Pflegekräften. Daher ist es wichtig eine spezielle Patientenverfügung für die Psychiatrie zu haben.
Leider gibt es bis heute keine rechtlich bindende Vorlage. Peter Lehmann vom Antipsychiatrieverlag hat mit Kollegen eine Vorlage erstellt, an der man sich orientieren kann. Diese sollte mit einem Arzt des Vertrauens individuell an die eigenen Wünsche und Bedürfnisse angepasst und dann von einem Notar rechtsbindend beurkundet werden. Diese kann hier heruntergeladen werden.
Vorlage und Erklärung PsychPAV
Ich bin gerade dabei diese auszustellen.
Aloha