Was sind Deine Werte (Anleitung)

In der »Akzeptanz- und Commitment-Therapie« (kurz ACT) spielen Werte eine wichtige Rolle. Da sich die meisten Menschen unter Werten nichts vorstellen können bzw. oft Werte mit Zielen oder Regeln verwechseln, findest Du hier eine Werteliste und eine Erklärung, wie sich Werte von Zielen unterscheiden. Diese Liste ist ein Auszug. Die vollständige Liste findest Du im Buch »Wer vor dem Schmerz flieht wird von ihm eingeholt« von Russ Harris. Ich habe die Liste mit eigenen Werten ergänzt.

Wie unterscheiden sich Werte von Zielen und Regeln?

Bevor Du Dir die Liste ansiehst, ist es wichtig den Unterschied zwischen Werten, Zielen und Regeln zu kennen. Russ Harris definiert Werte als unsere tiefsten Herzenswünsche, wie wir uns als Mensch verhalten wollen. Es sind die Eigenschaften, die wir in unser tägliches Handeln einbringen wollen.

Werte drücken aus, was für ein Mensch wir sein wollen und was uns im Leben wirklich wichtig ist. Werte begleiten uns unser ganzes Leben lang, sie sind unser Leitfaden, während Ziele erreicht oder nicht erreicht werden können, d.h., Ziele kann man abhaken. Leider leben wir heutzutage in einer Gesellschaft, die auf Ziele und nicht auf Werte ausgelegt ist. Selbst wenn wir Werte sagen, sind oft Regeln oder Ziele gemeint.

Bei Werten geht es darum, wie wir uns verhalten wollen, bei Zielen, was man bekommen will. Werte drücken aus, wie wir uns verhalten wollen, um unsere Ziele zu erreichen oder wie wir uns verhalten wollen, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen.

Regeln definieren wir meist durch Ausdrücke, wie »richtig«, »falsch«, »gut«, »schlecht«, »sollte«, »sollte nicht«, »muss« und »müsste«. Regeln sagen uns, wie wir unser Leben leben sollen, sie informieren uns über die richtige oder falsche Weise, etwas zu tun. Regeln vermitteln uns oft ein Gefühl der Verpflichtung, sie können uns belasten, unsere Optionen einschränken.

Der erste Weg wirkt oft befreiend und belebend, während Letzterer erschöpfend und belastend sein kann.

Wie mache ich mir meine Werte bewusst?

Um sich die eigenen Werte bewusst zu machen ist es hilfreich ein Tagebuch zu führen. In dieses Tagebuch schreibst Du alles, was Du den Tag über getan und erlebt hast und notierst dazu, welche Werte Du mit dieser Tätigkeit bzw. diesem Erlebnis verbindest. Dieses Tagebuch solltest Du mehrere Monate lang führen, so werden Dir nach und nach Deine Werte bewusst. Es empfiehlt sich am Ende des Tagebuchs ein paar Seiten frei zu lassen, um dort Deine persönliche Werteliste zu notieren und bei Bedarf durch neu entdeckte Werte zu ergänzen.

Beispiele:

Beim Konzert der Allah Las in Frankfurt gewesen.
(Mut, Entschlossenheit, Akzeptanz, Begeisterung, Verbindung, Genuss, Freiheit, Faszination, Freude, Spaß, Selbstmitgefühl)

Beim Zahnarzt gewesen zur Kontrolle.
(Mut, Entschlossenheit, Bereitwilligkeit, Akzeptanz, Gesundheit, Selbstfürsorge/Selbstmitgefühl, Achtsamkeit)

Werteliste

Wichtig: Es gibt keine »richtigen« oder »falschen« Werte. Das ist, wie mit unseren unterschiedlichen Vorlieben. Wir sind Individuen und als solche haben wir unterschiedliche Vorlieben und ebenso können wir auch unterschiedliche Werte haben. Das bedeutet auch, das meine Vorlieben und Werte nicht besser oder schlechter sind als Deine.

Lies Dir die folgende Liste durch und notiere neben jeden Wert einen Buchstaben: S für »sehr wichtig«, Z für »ziemlich wichtig« und N für »nicht so wichtig«. Es sollten mindestens zehn Werte als »sehr wichtig« markiert werden.

  1. Akzeptanz: offen sein und mich, andere, das Leben und so weiter akzeptieren.
  2. Authentizität: authentisch, echt, wahrhaftig sein und mir selbst treu bleiben.
  3. Schönheit: Schönheit an mir, anderen und meiner Umgebung schätzen, schaffen, fördern und pflegen.
  4. Fürsorglichkeit: fürsorglich mit mir selbst, anderen und der Umwelt umgehen.
  5. Mitgefühl: Menschen, die leiden, mit Freundlichkeit behandeln.
  6. Verbindung: mich voll und ganz dem widmen, was ich gerade tue, und im Umgang mit anderen ganz präsent sein.
  7. Beitrag: zu mir und anderen etwas beitragen, hilfreich sein und etwas Positives bewirken.
  8. Mut: mutig und tapfer sein; angesichts von Furcht, Bedrohungen und Schwierigkeiten durchhalten.
  9. Kreativität: kreativ beziehungsweise innovativ sein.
  10. Neugier: neugierig, aufgeschlossen und interessiert sein; erforschen und entdecken.
  11. Gleichheit: andere gleich behandeln wie mich selbst und das auch von ihnen verlangen.
  12. Fairness: fair mit mir selbst und anderen umgehen.
  13. Fitness: meine Fitness erhalten und verbessern; mich um meine körperliche und geistige Gesundheit und um mein Wohlbefinden kümmern.
  14. Freiheit: frei leben; mich entscheiden, wie ich lebe und mich verhalte; anderen helfen, das ebenfalls zu tun.
  15. Freundlichkeit: freundlich, umgänglich und liebenswürdig mit anderen umgehen.
  16. Spaß: lebensfroh sein; Aktivitäten, die Spaß machen, suchen, gestalten und daran teilnehmen.
  17. Dankbarkeit: dankbar für die positiven Aspekte in mir, in anderen und im Leben sein.
  18. Ehrlichkeit: ehrlich, wahrhaftig und aufrichtig mir und anderen gegenüber sein.
  19. Humor: die humorvolle Seite des Lebens sehen und schätzen.
  20. Demut: demütig beziehungsweise bescheiden sein, meine Leistungen für sich selbst sprechen lassen.
  21. Gerechtigkeit: für Gerechtigkeit und Fairness eintreten.
  22. Herzensgüte: freundlich, mitfühlend, rücksichtsvoll, fördernd und fürsorglich mit mir und anderen umgehen.
  23. Liebe: liebevoll mit mir und anderen umgehen.
  24. Achtsamkeit: das Hier und Jetzt bewusst erfahren und offen beziehungsweise neugierig darauf sein.
  25. Aufgeschlossenheit: die Dinge durchdenken, sie auch aus der Perspektive anderer sehen und die einzelnen Faktoren abwägen.
  26. Beharrlichkeit: trotz Problemen oder Schwierigkeiten entschlossen weitermachen.
  27. Respekt: respektvoll mit mir selbst und anderen umgehen; höflich und rücksichtsvoll sein, positive Zuwendung geben.
  28. Verantwortung: verantwortungsvoll sein und für mein Handeln Rechenschaft ablegen können.
  29. Selbstwahrnehmung: mir meiner eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen bewusst sein.
  30. Selbstfürsorge: mich um meine Gesundheit, mein Wohlbefinden und meine Bedürfnisse kümmern.
  31. Selbstentwicklung: hinsichtlich meines Wissen, meiner Fertigkeiten, meines Charakters und meiner Lebenserfahrung kontinuierlich wachsen und voranschreiten.
  32. Sinnlichkeit: Erfahrungen, die die fünf Sinne stimulieren, gestalten, erforschen und genießen.
  33. Sexualität: meine Sexualität erforschen beziehungsweise ausdrücken.
  34. Spiritualität: mich mit Dingen verbinden, die größer sind als ich.
  35. Unterstützung: unterstützend, hilfreich und ermutigend mit mir und anderen umgehen und für andere verfügbar sein.
  36. Vertrauen: vertrauenswürdig, loyal, treu, ehrlich und zuverlässig sein.

Quelle: »The Confidence Gap: From Fear to Freedom« von Russ Harris (Penguin Group Australia, Camberwell, Victoria, 2010)

Von mir ergänzte Werte:

  1. Begeisterung
  2. Engagement
  3. Entschlossenheit
  4. Ermutigung
  5. Ethik
  6. Faszination
  7. Freude
  8. Genuss
  9. Gesundheit
  10. Gewissenhaftigkeit
  11. Inspiration
  12. Kindlichkeit/sich ein Stück Kind sein im Erwachsenen bewahren
  13. Leidenschaft
  14. Moral
  15. Offenheit/Toleranz
  16. Sorgfalt
  17. Treue
  18. Verständnis
  19. Zärtlichkeit

Anschließend notierst Du alle Werte, die Du mit einem »S« (sehr wichtig) gekennzeichnet hast und wählst aus diesen, die für Dich wichtigsten 5 oder maximal 6 Werte aus.

Das sind Deine persönlichen Kernwerte. Schreibe diese Kernwerte hinten in Dein Tagebuch oder auf ein Kärtchen, das Du immer bei Dir trägst. So kannst Du Dir stets bewusst machen, das es diese Werte sind, wofür Du als Mensch stehen willst, an denen Du Dein Leben ausrichten willst.

Werte und Konflikte

Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, dass es oft Situationen geben wird, in denen Deine Werte mit dem Leben kollidieren werden. Daher ist es ratsam, Dein Leben nicht zu streng und verbissen an Deinen Werten auszurichten. Wenn das trotzdem geschieht, sei nachsichtig und freundlich zu Dir. Denke über Folgendes nach:

Ist mir das jetzt wichtig?
Welche Konsequenzen kann es haben und bin ich bereit diese inkauf zu nehmen?
Gibt es eine bessere Lösung?
Ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür?
Ist es notwendig?
Versuche nicht andere zu missionieren.

Denke daran:

Nobody is perfect.

Titelbild: © pongpunphoto | »beautiful flower Hibiscus rosasinensis« | shutterstock.com

Veröffentlicht von

Das bin ich: Blogger, Webdesigner und Künstler. In diesem Blog schreibe ich über meine Erfahrungen mit der Heilkraft der buddhistischen Psychologie und dem Absetzen von Psychopharmaka. Ich gebe wertvolle Tipps und zeige einen erfolgreichen Weg aus der Psychopharmaka-Falle durch das A-B-S-Konzept.