Comedian Torsten Sträter ist neuer Schirmherr der Deutschen DepressionsligaTorsten Sträter | Quelle: tagesspiegel.de

Der neue Schirmherr der Deutschen DepressionsLiga Torsten Sträter nennt Antidepressiva Segensbringer und fordert eine Entstigmatisierung dieser Medikamente

Lesedauer: 12 Minuten

Der bekannte Comedian und Kabarettist Torsten Sträter ist neuer Schirmherr der »Deutschen Depressionsliga e.V.«. Die Deutsche DepressionsLiga e.V. ist eine Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Depressionen. In einem Interview mit einer der meist gelesenen pharmazeutischen Zeitungen, der »PZ ONLINE« traf Herr Sträter folgende Aussage:

Genau genommen sollte man nicht nur der Krankheit, sondern auch den Medikamenten das Stigma nehmen. Ich stehe dazu, dass sie wirkliche Segensbringer sein können.

Hier ein Ausschnitt aus dem Interview:

PZ: Derzeit müssen gesetzlich Versicherte rund 20 Wochen auf einen Termin für eine Psychotherapie warten.

Sträter: Das ist fatal. Eine Depression ist ja nicht so leicht zu ertragen wie eine Wurzelbehandlung am Zahn: Ibuprofen einwerfen und dann ist Ruhe im Karton. Wenn man jedoch einmal erlebt hat, wie die schwarze Nacht sich über einen senkt oder eine heftige Panikattacke hatte, dann trägt man danach sogar ein Fan-T-Shirt für Psychopharmaka. Die Chemie kann – zumindest kurzfristig – all die Dinge dieser Erkrankung ausbremsen, auf die der Mensch wenig Einfluss hat – zum Beispiel gewisse Botenstoffe im Gehirn oder körperliche Reaktionen. Obwohl Medikamente natürlich keine langfristige Lösung sind. Aber allein, wenn durch sie für Betroffene wieder ein Licht am Horizont auftaucht, hat sich ihr Einsatz gelohnt.

PZ: Wie sieht es mit den Nebenwirkungen aus?

Sträter: Das ist eine Frage des Verhältnisses. Vielleicht nimmt man 15 Kilogramm zu, aber man ist einfach so viel besser drauf, dass einen das Gewicht kaum interessiert. Ich teile übrigens auch nicht die Angst vieler Menschen, dass man unter der Einnahme von Psychopharmaka nicht mehr man selbst ist. Sie verwandeln ja nicht die Persönlichkeit. Andere sorgen sich, dass während des Ausschleichprozesses die Depression wiederkehrt. Auch das passiert selten, wenn man diszipliniert ist. Natürlich gibt es ein paar harte Monate. Schließlich hat sich der Körper an die Dosis gewöhnt und findet es richtig super. Genau genommen sollte man nicht nur der Krankheit, sondern auch den Medikamenten das Stigma nehmen. Ich stehe dazu, dass sie wirkliche Segensbringer sein können.

Offenbar ist sich Herr Sträter der gefährlichen Risiken und Nebenwirkungen und der geringen Wirksamkeit vor allem der »SSRI-Antidepressiva« nicht bewusst, sonst würde er nicht eine solch leichtfertige Aussage treffen.

Das vollständige Interview zum Nachlesen »

Ich bat Herrn Sträter um eine Stellungnahme zu seiner Aussage:

Lieber Torsten Sträter,

ich schreibe Ihnen als Fan und als Betroffener. Als Fan, weil ich Ihre Bücher und Bühnenprogramme sehr mag. Sie bringen mich zum Lachen. Ich freue mich über jeden Auftritt von Ihnen. Als Betroffener, weil ich schlimmste Erfahrungen mit der Einnahme und dem Absetzen eines modernen Antidepressivum mache und Sie der neue Schirmherr der »Deutschen Depressionsliga« sind und in der pharmazeutischen Zeitung »PZ ONLINE« in einem Interview etwas gesagt haben, das mich mit Sorge erfüllt. Sie sagten dort:

Genau genommen sollte man nicht nur der Krankheit, sondern auch den Medikamenten das Stigma nehmen. Ich stehe dazu, dass sie wirkliche Segensbringer sein können.

Ich kann Ihre fatale Äußerung für uns Betroffene nur auf Ihre Unwissenheit und eine einseitige Wahrnehmung zurückführen, die auf Ihrer eigenen Erfahrung beruht, dass Ihnen diese Medikamente geholfen haben und Sie kaum Probleme beim Absetzen hatten und vermutlich haben Sie Menschen kennengelernt, die diese Erfahrung auch gemacht haben. Es gibt aber auch Tausende andere, die so wie ich extrem schlimme Erfahrungen mit der Einnahme und oder dem Absetzen dieser Medikamente gemacht haben und noch immer machen. Hier differenziere ich ausdrücklich zwischen älteren und den sogenannten »modernen Antidepressiva« der Gruppe der SSRI und SNRI. Das Folgende gilt explizit für diese modernen Antidepressiva, die seit Jahren hauptsächlich verschrieben werden, da sie angeblich weniger Nebenwirkungen haben (was zutrifft, dafür sind diese gravierender) und besser wirken, was nicht stimmt, da sie hauptsächlich über den »Placeboeffekt« wirken, je nach Studie beträgt dieser zwischen 75 (Fournier-Studie) und 83% Prozent (Kirsch-Studie).

Selbst die »Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde« (DGPPN), die die Behandlungsleitlinien erstellt, räumt in diesen ein, dass moderne Antidepressiva nur bei jedem ZWEITEN wirken. Hier der Auszug aus der entsprechenden Leitlinie:

Breit rezipiert wurden die Studien von Kirsch und Kollegen [30-32], die postulieren, dass möglicherweise ca. 50% der Wirkung von Antidepressiva auf Placeboeffekte zurückzuführen ist. So fanden die Autoren, dass im Bereich leichter Depressionen die Placebowirkung einen Großteil des antidepressiven Effektes von Medikamenten ausmacht und dass erst bei schweren Depressionen, im Rahmen des Rückgangs der Placebowirkung, ein wahrer Medikamenteneffekt zum Tragen kommt. Konkret bedeutet dies, dass die Differenz zum Placeboeffekt den von ehemals von der NICE als Grenzwert der klinischen Signifikanz festgelegten Wert von d=0,5 erst ab einem Hamilton-Depressionsscore von 28 überschreitet [30]. Eine neuere Studie [33] bestätigt den hohen Placeboanteil der medikamentösen antidepressiven Therapie

Man sollte allerdings davon ausgehen, dass der Wert aus der Studie von Professor Irving Kirsch von der Harvard University von 83% der Wahrheit am Ehesten entspricht, da dieser auch Zugang zu den von der Pharmaindustrie nicht veröffentlichten Studien hatte. Die Pharmaindustrie behält sich demnach vor, welche Studien sie veröffentlicht und welche nicht. Es ist klar, dass sie dann nur die Studien veröffentlicht, die ihr nutzen. Das war bis dahin nicht bekannt.

2003 wurde das »Antidepressiva-Forum-Deutschland« (ADFD.ORG) gegründet, ein Forum von Betroffenen für Betroffene, die schlimme Erfahrungen mit modernen Antidepressiva und anderen Psychopharmaka gemacht haben und machen. Ich weiß nicht, wie lange Sie bzw. die Menschen, die ähnlich überwiegend positive Erfahrungen gemacht haben, moderne Antidepressiva eingenommen haben. Tatsächlich wird das Absetzen umso schwieriger, je länger man diese Medikamente einnimmt (Langzeitbetroffene), bis man sie schließlich gar nicht mehr absetzen kann (Schwerstbetroffene).

Sämtliche bisherigen Studien über moderne Antidepressiva beziehen sich auf ein halbes bis ein Jahr, daher sind sie wenig aussagekräftig, was das Abhängigkeitspotenzial bei Langzeiteinnahme, also länger als ein Jahr, betrifft. Viele Menschen nehmen diese Medikamente allerdings Jahre und jahrzehntelang ein, weil die meisten Ärzte und Psychiater dies für notwendig erachten. Die Charité Berlin unter der Leitung von Professor Henrik Walter führt nun die weltweit erste Langzeitstudie über das Absetzen von Antidepressiva durch, da Walter hier einen eklatanten Mangel sieht. Dabei soll ermittelt werden, zu welchem Zeitpunkt man diese Medikamente absetzen sollte und auch wie man zwischen Absetzsymptomen und Symptomen einer wiederkehrenden Depression unterscheiden kann.

Im Interview sprachen Sie von bestimmten Botenstoffen im Gehirn. Tatsächlich beeinflussen insbesondere die SSRI/SNRI-Antidepressiva bei Langzeiteinnahme den Serotoninspiegel sowohl im zentralen Nervensystem, als auch im Körper stark. Das meiste Serotonin wird im Darm produziert, es ist dort für dessen Beweglichkeit zuständig. Durch die Langzeiteinnahme von modernen Antidepressiva kommt es zu einem sogenannten »Serotonin-Defizit-Syndrom« kommen, das bedeutet diese Medikamente senken den Serotoninspiegel stark. Für den Körper kann dies durch eine einfache Blutuntersuchung festgestellt werden. Den Serotoninspiegel im zentralen Nervensystem kann man bisher nicht bestimmen.

Es ist wichtig zu verstehen:

  • welche biologischen Funktionen Serotonin im menschlichen Körper hat
  • wie moderne Antidepressiva den Serotoninspiegel stark beeinflussen

Ich verwende gerne einen Vergleich: Ein Mensch ohne Serotonin ist wie ein Auto ohne Benzin. Sie können mit einem neuen Auto, das voll funktionsfähig ist, dessen Tank aber leer ist, keinen Meter fahren. Genauso ist es mit einem Menschen, der ein starkes Serotonin-Defizit hat, er läuft nicht mehr, er ist wie gelähmt. Ich erlebe diesen Zustand täglich. Serotonin ist der Treibstoff des Menschen, der ihn antreibt. Es reguliert unsere Emotionen, unseren Schlaf, Appetit- und Sättigung, Kognition und Gedächtnis, Schmerzempfinden, Libido, Herzfunktionen, Leberfunktionen, Darmfunktionen.

Wenn Sie sich die Nebenwirkungen im Beipackzettel eines modernen Antidepressiva durchlesen, werden Sie feststellen, dass sich ALLE auf diese Funktionen beziehen. Lange Zeit nahm man an, dass, wenn man das Gehirn durch die Gabe von SSRI (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), die die Aufnahme des Serotonins im synaptischen Spalt durch die Nervenzellen blockieren würde, das Gehirn anfangen würde mehr Serotonin zu produzieren.

Heute weiß man, dass das Gehirn genau umgekehrt reagiert: Es stellt seine Produktion von Serotonin komplett ein, ebenso der Darm, denn beide adaptieren das SSRI-Antidepressiva mit zunehmender Einnahmedauer als körpereigene Stoffe und erhalten so das Signal, nicht weiter für die Produktion von Serotonin zuständig zu sein. SSRI-Antidepressiva produzieren aber kein Serotonin, sie blockieren die Aufnahme von körpereigenen Serotonin. Dies führt zu einem fatalen Serotonin-Defizit-Snydrom. Als mein Serotoninspiegel das erste Mal gemessen wurde lag dieser bei 12,38ng/ml . Ein normaler Serotoninspiegel liegt zwischen 120 und 480ng/ml. Das ist ein extrem niedriger Wert.

Gerne können Sie sich auf meiner Website umfassend darüber informieren:

Wie moderne Antidepressiva die biologischen Funktionen von Serotonin beeinflussen »

Als Mensch Torsten Sträter steht es Ihnen zu, diese Aussage in der PZ ONLINE so zu treffen, da es Ihrer persönlichen Wahrnehmung entspricht. Als Schirmherr der DDL hätte ich mir gewünscht, dass Sie sich vorher ausführlich über die Risiken und Nebenwirkungen und auch die Folgeschäden informiert hätten sowie die geringe Wirksamkeit dieser Medikamente und zwar über die bereits erwähnten seriösen Studien und entsprechender Fachliteratur und nicht durch das Umfeld der DDL, da die DDL nur diese eine Wahrnehmung hat und leider diejenigen, die schlimme Erfahrungen mit der Einnahme und oder dem Absetzen dieser Medikamente gemacht haben und machen systematisch ignoriert, und ihr Leid konsequent leugnet (das ADFD hat mehrere Schreiben an die DDL geschrieben, die alle unbeantwortet blieben.

Die DDL nimmt für sich in Anspruch, die Interessen ALLER Menschen mit Depressionen gegenüber der Öffentlichkeit und Politik zu vertreten, was sie faktisch nicht tut, wenn sie das Leid von uns Betroffenen leugnet und ignoriert. Schließlich wurde uns aufgrund einer vom Arzt/Psychiater diagnostizierten Depression ein solches Medikament verschrieben. Ich bin sicher, das sehen Sie auch so. Hinzu kommt, dass die DDL diese Medikamente als gut wirksam und nebenwirkungsarm für die Behandlung JEDER Depression empfiehlt (was bereits gegen die Leitlinien verstößt, die sie nur bei schweren Depressionen eingesetzt werden sollen), in ihren Broschüren, auf ihrer Website und jeder anderen Publikation. Die DDL geht mit keinem Wort auf die Risiken und Nebenwirkungen ein. Sie erwähnt nicht:

  • das erhöhte Suizidrisiko (bis zu 50%)
  • das hohe Abhängigkeitspotenzial insbesondere bei einer Einnahmedauer länger als ein halbes bis ganzes Jahr, das von der Pharmaindustrie im Beipackzettel harmlos als »Absetzsyndrom« bezeichnet wird, welches nicht annähernd so harmlos ist, wie behauptet.
  • Die von der US-Gesundheitsbehörde FDA bereits 2004 festgestellten Nebenwirkungen? Die FDA warnte davor, dass SSRI-Antidepressiva Angst, Erregungszustände, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Feindseligkeit, Impulsivität, Akathisie (starke Ruhelosigkeit), Hypomanie (abnormale Aufgeregtheit) und Manie (Psychose, charakterisiert durch übersteigerte Gefühle, Größenwahn) verursachen können. So etwas könnte man schon als massive Persönlichkeitsveränderung bezeichnen.
  • die geringe eigene Wirksamkeit aufgrund des Placeboeffekts.
  • Folgeerkrankungen, wie bipolare Störungen, Psychosen

Erfreulich: In Großbritannien wurden bereits die Leitlinien zur Behandlung von Depressionen und für die Rückfallprävention aufgrund der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse geändert. Die Leitlinien empfehlen die Gabe von SSRI-Antidepressiva nur noch bei schweren Depressionen, da sie hier tatsächlich leicht besser wirken als ein Placebo. Für leichte bis mittelschwere Depressionen wird die »achtsamkeitsbasierte kognitive Verhaltenstherapie« der Oxford University empfohlen (MBCT), die große Erfolge bereits nach 8 Wochen erzielt.

Von einer Selbsthilfe-Organisation erwarte ich objektiv zu sein und Menschen mit Depressionen objektiv und neutral zu informieren und dazu gehört es auch, über die erwähnten Risiken und Nebenwirkungen der zur Behandlung empfohlenen Medikamente aufzuklären. Es ist ihre Pflicht dies zu tun, vor allem weil die meisten Ärzte und Psychiater ihre Patienten nicht oder mangelhaft darüber aufklären, wenn sie diese Medikamente verschreiben, obwohl sie dazu verpflichtet sind, nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs, selbst dann, wenn die Risiken und Nebenwirkungen aus dem Beipackzettel hervorgehen. Die DDL hat den Einfluss und die Mittel das zu tun, wenn sie es wollte. Sie könnte damit viele Menschen vor Schaden bewahren. Sie tut es nicht!

Da stellt sich die Frage: Warum tut sie dies nicht?

Die DDL ist da nicht allein, auch die andere große Selbsthilfe-Organisation, die »Stiftung Deutsche Depressionshilfe« (DDH), die noch größeren Einfluss hat, vertritt exakt dieselbe Position, tut exakt dasselbe wie die DDL. Es ist bekannt, dass der 1. Vorsitzende dieser Stiftung, Professor Ulrich Hegerl von der Psychiatrie der Uniklinik Leipzig Kontakte zur Pharmaindustrie hat, diese berät und Vorträge hält und dafür Honorare erhält. Er selbst sieht darin keinen Interessenskonflikt, obwohl beide Organisationen in Ihrer Satzung stehen haben «pharmaunabhängig zu sein». Es kann kein Zufall sein, dass zwei Selbsthilfe-Organisationen exakt die gleiche Position vertreten, da stimmen Sie mir sicherlich zu und tatsächlich veranstalten beide Organisationen zusammen den jährlichen Patientenkongress in Leipzig. Das alles lässt vermuten, dass beide Organisationen keine pharmaunabhängigen Selbsthilfe-Organisationen für Menschen mit Depressionen sind und schon gar nicht für ALLE Menschen mit Depressionen, aus den erwähnten Gründen sondern Lobby-Organisationen der Pharmaindustrie, die genau das tun, was Sie sich wünschen, das Stigma von diesen Medikamenten zu nehmen.

Ich würde mir wünschen, dass Sie sich das ADFD mal ansehen und die Erfahrungsberichte von Betroffenen lesen. Aktuell wir eine Umfrage im Forum durchgeführt bzgl. Langzeit- und Schwerstbetroffener. Bitte lesen Sie diese Berichte, sie sind kurz aber deutlich:

Zur Umfrage an Langzeit- und Schwerbetroffene Mitglieder des ADFD »

Falls Sie danach das Bedürfnis haben, sich durch Fachliteratur weiter zu informieren, empfehle ich Ihnen diese Bücher:

Unglück auf Rezept: Die Antidepressivalüge und ihre Folgen von Peter und Sabine Ansari und
Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen: Wie Ärzte und Pharmaindustrie die Gesundheit der Patienten vorsätzlich aufs Spiel setzen von Peter C Gøtzsche vom renommierten Cochrane Nordic Institute (Trusted Evidence, Informed Decisions, Better Health) die unabhängige Studien durchführen.

Erst kürzlich erschien bei »ZEIT ONLINE« ein bemerkenswerter Artikel, in dem zum ersten Mal in einer großen überregionalen seriösen Zeitung, die Worte »Antidepressiva« und »Abhängigkeit« im Titel vorkamen. Und auch die »New York Times« sorgte zuvor mit einem brisanten Artikel für großes Aufsehen. Beide Artikel wurden von der DDL und auch der DDH weitestgehend ignoriert.

zum Artikel Antidepressiva: Wenn die helfenden Pillen abhängig machen von Christian Heinrich »

Zum Artikel Many People Taking Antidepressants Discover They Cannot Quit von Benedict Carey and Robert Gebeloff »

Bevor Sie sich nun entschließen das zu tun, worum ich Sie gebeten habe, möchte ich, dass Sie sich zuvor Folgendes bewusst machen:

Wenn Menschen mit etwas konfrontiert werden, das nicht zu ihrer Wahrnehmung, in ihr eigenes Weltbild passt, dann erzeugt das oft starke negative Gefühle (Wut, Angst, Traurigkeit). Menschen mögen keine negativen Emotionen. Wenn unser Gehirn mit etwas konfrontiert wird, das nicht zu unserer Wahrnehmung, unserem Weltbild passt erzeugt dies eine starke kognitive Dissonanz, die zu Inkohärenz (Nicht-Übereinstimmung) im Gehirn führt. Der Lieblingszustand unseres Gehirns ist Kohärenz, da es so am wenigsten Energie verbraucht. Wir Menschen fangen dann an diese kognitive Dissonanz, die zwischen unserer Wahrnehmung, unserem Weltbild und der Realität, mit der wir konfrontiert werden zu reduzieren. Das geschieht, in dem wir nach Bestätigung unseres Weltbildes suchen (bei Gleichgesinnten) und nach Gründen, die Realität leugnen zu können. Das tun wir solange, bis unser eigenes Weltbild wieder mit der Realität übereinstimmt und wieder Kohärenz im Gehirn herrscht. Die Sozialpsychologie nennt dieses Phänomen »Kognitive Dissonanzreduktion« erstmals beobachtet von Leon Festinger. So sind Menschen sogar dazu fähig den Holocaust zu leugnen.

Ich würde Sie bitten, diese kognitive Dissonanz, die Sie beim Lesen der Berichte von Betroffenen, der Fachliteratur und den Artikeln in »Zeit« und »New York Times« evtl. erfahren werden, nicht zu reduzieren, sondern sich so objektiv wie möglich damit auseinanderzusetzen.

Es wird Ihr Wissen bereichern. Sie werden neue Erkenntnisse erhalten und ich hoffe, dass Sie dann Ihre Meinung und Wahrnehmung ändern werden. Sie können sich dann entscheiden, ob Sie weiter der Schirmherr einer fragwürdigen Organisation sein wollen, die vermutlich nicht pharmaunabhängig ist oder nicht. Wenn Sie als bekannte und beliebte Person von diesem Amt zurücktreten würden aufgrund der neu erworbenen Erkenntnisse und den Erfahrungen von Betroffenen und das so kommunizieren würden, würden Sie ein starkes Zeichen für uns Betroffene setzen. Dafür wären wir Ihnen allen sehr dankbar. Ich halte Sie für einen aufrichtigen Menschen und vielleicht wäre es gut, sich auch mal zu fragen, was dieses Amt für Ihre Glaubwürdigkeit bedeutet? Ich habe einen ähnlichen Beitrag an Ihren Comedian-Kollegen Eckart von Hirschhausen geschrieben, der im Stiftungsrat der DDH sitzt und für diese Werbung macht. Leider hat Herr von Hirschhausen mir nie geantwortet, trotz mehrmaliger Nachfrage.

Ich persönlich nehme seit 2009 Paroxetin (SSRI). 2013 versuchte ich erst Mals das Medikament abzusetzen. Als es mir 2009 verschrieben wurde, stand noch nichts vom »Absetzsyndrom«, wie die Pharmaindustrie es im Beipackzettel harmlos bezeichnet. Bereits nach 3 Tagen trat dieses Absetzsyndrom auf, es war die Hölle. Ich hatte zuvor bereits zwei Benzodiazepinentzüge erfolgreich geschafft, die dagegen relativ einfach waren. Seit dem habe ich weitere 6 Versuche unternommen Paroxetin abzusetzen, ohne Erfolg. Seit dem habe ich eine Website, auf der ich über die Risiken und Nebenwirkungen dieser Medikamente aufkläre und versuche die beiden Organisationen dazu zu bewegen, sich der Problematik ernsthaft anzunehmen und nicht länger zu leugnen und zu ignorieren. Das, was ich tue oder auch das ADFD, wäre eigentlich Pflicht der beiden Selbsthilfe-Organisationen, ansonsten werden sie nicht ihrem Anspruch gerecht, die Interessen ALLER Menschen mit Depressionen zu vertreten. Mit Ihren Aussagen torpedieren Sie gerade das erstmals entstehende Bewusstsein in Öffentlichkeit und Medien sowie bei manchen Ärzten und Psychiatern, dass diese Medikamente nicht annähernd so harmlos sind und längst nicht so gut wirken, wie bisher angenommen. Ein Umdenken hat längst begonnen und wird sich nicht mehr aufhalten lassen, so sehr sich die Pharmaindustrie auch bemüht. In den USA gibt es starke und einflussreiche Organisationen, die sich gegen die Pharmaindustrie stellen, wie Mad in America.

Sie können sich gerne über alle Fakten auf meiner Website informieren und auch die Beiträge und den E-Mail Austausch, den ich mit beiden Organisationen geführt habe, lesen. Mir ist bewusst, dass Ihre Zeit beschränkt ist, es geht hier aber um etwas sehr Wichtiges.

Zuletzt hatte ich leichte Hoffnung, dass sich doch etwas bewegen könnte. Insbesondere der neu gewählte stellvertretende Vorsitzende der DDL, Herr Thomas Voigt war sehr aufgeschlossen gegenüber der Problematik. Es entwickelte sich ein freundlicher und konstruktiver E-Mail-Austausch zwischen mir und Herrn Voigt.

Herr Voigt nahm auf meine Bitte hin sogar an der wichtigen Fachtagung Zukunft der Antidepressiva in der Behandlung – vor allem nicht schaden teil. Auf dieser Tagung sprachen Professor Henrik Walter von der »Charité Berlin« über die bereits angesprochene Studie sowie Dr. Peter Ansari und Sabine Ansari, Initiatoren der Plattform depression-heute.de über die Wirksamkeit von Antidepressiva. Der englische Psychiater Dr. David Healy sprach über die Suizidalität durch SSRI-Antidepressiva. Prof. Gertraud Teuchert-Noodt referierte zum Thema Neuroplastizität und Hirnrhythmen – weshalb psychische Erkrankungen im Gehirn nicht lokalisiert werden können. Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen hielt einen Vortrag zum Thema Geschichte und Herleitung der Antidepressiva – pharmakologisches Wissen im Spannungsfeld zu behaupteten Wirkprinzipien – die Rolle des Serotonin.

Herr Voigt zeigte sich beeindruckt durch die neu gewonnenen Erkenntnisse durch den Besuch der Tagung. Er berichtete mir davon und versprach die Problematik mit in die Klausurtagung der DDL im November 2017 einzubringen. Auf dieser sollte über die Neuausrichtung der DDL und die Neuauflage der Patientenbroschüre diskutiert werden. Herr Voigt schien optimistisch zu sein, dass ein Teil der neuen Erkenntnisse über die Risiken und Nebenwirkungen moderner Antidepressiva mit in die neue Patientenbroschüre aufgenommen werden würden.

Zuletzt schrieb mir Herr Voigt im Februar 2018, dass er private Probleme habe und sich zur Zeit nicht um mein Anliegen kümmern könnte. Auf eine weitere Nachricht an Herrn Voigt, in der ich mich auch nach seinem Gesundheitszustand erkundigte, erhielt ich bis heute keine Antwort und auch mehrere Nachfragen an die DDL dbzgl. blieben unbeantwortet. Nachdem kürzlich die neue Broschüre der DDL veröffentlicht wurde, musste ich leider feststellen, dass sich nichts Entscheidendes gegenüber der alten Broschüre in der Grundaussage bzgl. der Problematik geändert hat. Herr Voigt wurde offenbar nicht ernst genommen.

Vor einigen Tagen meldete sich ein ehemaliges Vorstandsmitglied der DDL bei mir mit folgender Nachricht:

Bin zufällig auf den Beitrag zur DepressionsLiga gestoßen. Ich war dort im Vorstand und bin zurückgetreten. Der unkritische Umgang mit der Industrie war ein Grund für meine Entscheidung. Der Gründer der »Deutsche Depressionsliga e. V.« hatte es leider mit der Unabhängigkeit nicht so genau genommen und hat seit 2009 die Kontakte zur Pharmaindustrie als wichtig bezeichnet und gepflegt. Eine kritische Haltung zur Pharmakotherapie wurde von Herrn Müller-Rörich stets bekämpft.

und weiter

Ich bin auch nicht das einzige Vorstandsmitglied, das in den vergangenen acht Jahren aus dem Vorstand gemobbt wurde, übrigens auch ein Grund für die Mitgliederzahl von nur etwa 600 (aktive Mitglieder außerhalb des Vorstands 0), da eigenen Ideen und Initiativen stets unerwünscht waren, insbesondere kritische Auseinandersetzungen mit der Pharmakotherapie bzw -herstellern. […] Ich selbst habe allerdings mit der »Deutsche DepressionsLiga e. V.« abgeschlossen und widme mich meinen Projekten […]. Der DepressionsLiga habe ich meine letzte schwere Krise zu verdanken. Unliebsame Vorstandsmitglieder wurden von Herrn Müller-Rörich intern gerne als manisch oder Boderliner bezeichnet. Da er selbst vermutlich seit Mitte der 90er AD verwendet, war eine offene Diskussion nicht möglich. Ich selbst bin kein Gegner von Pharmakotherapie, habe aber in den vergangenen 35 Jahren nur einmal ein paar Monate Mirtazapin verwendet. Bedenklich fand ich persönlich, dass er anscheinend kurz nach der Gründung die Fa. Lundbeck besuchte bzw. eingeladen wurde und dieser Hersteller 2016 das Medikament Brintellix vom deutschen Markt nahm, weil der G-BA keinen Zusatznutzen gegenüber dem Vergleichswirkstoff erkannte und damit keinen höheren Preis in Deutschland zuließ. Das “schmeckte” der »Deutsche DepressionsLiga e. V.« nicht.

Um es klarzustellen, ich bin FÜR mehr Forschung über die Ursachen der Depression und nicht grundsätzlich gegen Medikamente.

Das wirft für mich ein ganz neues Licht auf die letzte Nachricht von Herrn Voigt und sollte das wahr sein ist dieses Verhalten zu tiefst menschenverachtend.

Ich werde diesen Brief an Sie in meinem Blog und im ADFD veröffentlichen und bitte Sie um eine Stellungnahme bzgl. Ihrer Aussagen gegenüber »PZ ONLINE« und ob Sie bereit wären, sich fehlendes Wissen anzueignen und sich ein umfassendes Bild auch durch Gespräche oder schriftlichen Austausch mit Betroffenen wie mir zu machen. Außer Herrn Voigt, war bisher niemand von der DDL dazu bereit. Ihre Stellungnahme würde ich dann ebenfalls in meinem Blog und im ADFD veröffentlichen, sollten Sie damit einverstanden sein.

Mit freundlichem Gruß

Markus Hüfner

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Mein Name ist Markus Hüfner. Ich bin Blogger, Webdesigner und Künstler. In diesem Blog schreibe ich über meine Erfahrungen mit der Heilkraft der buddhistischen Psychologie und dem richtigen Reduzieren und Absetzen von Psychopharmaka auf Stand der aktuellen Wissenschaft.