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Entgiften und Ausschleichen
Donnerstag, 07. April 2011
Medikation: 50 mg Paroxetin | 300 mg Quetiapin | 0,5-0,5-0,5-0 mg Tavor 1
Nachdem ich dieses traumatische Erlebnis der letzten zwei Tage durchgestanden hatte, wurde Tavor mit 3 x 0,5 mg fest angesetzt. Das sorgte für etwas Entlastung. Wegen der kurzen Halbwertszeit von Tavor kam es aber auch weiterhin zu Panikanfällen.
Dies hätte verhindert werden können, wenn man auf ein Benzodiazepin mit einer längeren Halbwertszeit umgestellt hätte wie Diazepam, was übrigens auch die empfohlene Vorgehensweise bei einem Benzodiazepinentzug ist. Da Tavor wesentlich schneller vom Körper abgebaut wird als Diazepam, kommt es zu Wirkungsschwankungen während des Verlaufs, während Diazepam eine gleichbleibend hohe Wirkung hat. Davon wusste ich bis dahin aber nichts und ich dachte, diese Schwankungen wären auf meine psychische Konstitution zurückzuführen. Man hatte mich nie darüber aufgeklärt, weil man es offenbar nicht für notwendig hielt.
Verschreiben Ärzte Medikamente, müssen sie auf Risiken und Nebenwirkungen hinweisen. Diese Pflicht haben sie auch, wenn bereits der Beipackzettel des Präparats vor den Risiken warnt. Dies hat der BGH (Bundesgerichtshof) in einem Urteil (Az. VI ZR 289/03) entschieden.
Trotzdem geschieht diese Aufklärung in den meisten Fällen nicht. Ein Arzt, der ein Medikament verschreibt, sollte den Beipackzettel also lesen, um seinen Patienten über mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen ausführlich aufzuklären, dafür ist der Beipackzettel da. Ich habe den Eindruck, dass der Beipackzettel allgemein mehr als Rechtsabsicherung gegen Schadensersatz für den Hersteller angesehen wird, statt als ernstzunehmende Informationen für Ärzte und Patienten. Sicher hat auch zu Ihnen schon mal ein Arzt, eine Ärztin den potentiell verhängnisvollen Satz: »Lesen Sie den Beipackzettel nicht, der könnte Sie nur verunsichern,« gesagt.
Behandlungsprotokoll:
Patient erhält um 06:30 Bedarfsmedikation, gibt eine Stunde später an, dass keine Besserung eingetreten wäre, er wisse nicht, was er tun soll, ist klagsam, Affekt verflacht.
Tagebuch:
Panik am Nachmittag. 20 min. probiert Atemübungen zu machen ohne Besserung. Pflegerin kommt, um nach mir zu sehen. Teile ihr mit, dass ich gerade starke Panik habe. Sie sagt, ich sei ja entlastet über das Tavor und soll mir positive Gedanken über das anstehende Wochenende machen u. angenehme Dinge planen. Wie stellt sie sich das vor, wie soll das gehen? Durchgehalten bis Abendmedikation, danach besser.
Behandlungsprotokoll:
Kurzkontakt: Patient sitzt leidend auf dem Bett, habe 2 Panikanfälle gehabt. Ist entlastet über 1,5 mg Tavor Diazepam (Anmerkung des Autors: Die Ärztin war sich offenbar selbst nicht sicher, was ich bekam) über den Tag. Soll sich positive Gedanken über Wochenende machen, angenehme Dinge planen. Keine akute Suizidalität vorhanden.
Freitag, 08. April 2011
Medikation: 50 mg Paroxetin | 300 mg Quetiapin | 0,5-0,5-0,5-0 mg Tavor
Tagebuch:
Bin früh wach, hatte wieder einen schlimmen Albtraum über meinen Suizid. Bin in der Psychiatrie rüttle an Fenstern, rufe um Hilfe, Therapeuten, Ärzte und Pfleger stehen hinter mir, tun aber nichts, dann werde ich wach. Gehe zum Stationszimmer und lasse mir das Tavor für den Morgen geben. Tigere auf der Station umher, starke Anspannung, Panik, Engegefühl, Beklemmung und Druck in der Brust, fällt mir schwer normal zu atmen, nach einiger Zeit wirkt die Tavor und ich werde ruhiger.
Gehe zum Frühstück und stelle mich am Tisch vor. Das erste Mal in der Achtsamkeitsgruppe von Frau M. die Übungen haben mir sehr gut getan, war mal aus meinem Kopf raus und auf die jeweilige Übung konzentriert. Am Abendessen teilgenommen und später mit Mitpatienten fern geschaut.
Werte: Mut, Bereitwilligkeit, Achtsamkeit.
Samstag, 09. April 2011
Medikation: 50 mg Paroxetin | 300 mg Quetiapin | 0,5-0,5-0,5-0 mg Tavor
Tagebuch:
Bild gemalen, »Africa in Blue«, sehr gut geworden, obwohl ich nur 24 Farben zur Verfügung habe.
Werte: Kreativität, Freude.
Fussnoten:
1. Paroxetin: SSRI-Antidepressivum, Quetiapin (Seroquel Prolong): Atypisches Neuroleptikum, Tavor (Lorazepam): Benzodiazepin